Inhalte auf der Seite
Barrierefreiheit
  • Schrift verkleinernSchrift vergrößernAusgangsgröße
Inhalte auf der Seite

    Straßennamen

    in Lüneburg

    Bürgerinnen und Bürger können beim Kulturreferat der Hansestadt Lüneburg ihren Vorschlag für einen Straßennamen mit einer Begründung einreichen, die von der Verwaltung geprüft wird.  Außerdem wird der Namensvorschlag zum Beispiel an das Landes- und Bundesarchiv weitergegeben, wo der Name auf Unbedenklichkeit geprüft wird – zum Beispiel in Bezug auf Verbindungen zum Nationalsozialismus.

    Wenn eine neue Straße zu benennen ist, gibt das Kulturreferat den Vorschlag in den Kultur-und Partnerschaftsausschuss und anschließend in den Verwaltungsausschuss und den Rat, der darüber beschließt. 

    Hinrich-Wilhelm-Kopf-Straße

    Diskussion um die Umbenennung

    Hinrich Wilhelm Kopf (6. Mai 1893 bis 21. Dezember 1961) war nach dem Krieg Mitbegründer und erster Ministerpräsident des Landes Niedersachsen und als solcher eine geachtete und beliebte Persönlichkeit. Doch: „Kopfs unstrittige Lebensleistung als zweimaliger Ministerpräsident, mehrfacher Landesminister und parteiübergreifend anerkannter Landes- wie Bundespolitiker steht seinen ebenso unstrittigen politisch-moralischen Verfehlungen während der Zeit des Nationalsozialismus markant gegenüber.“ – So beurteilt es inzwischen die Historische Kommission, die zentrale Forschungsaufgaben für die Länder Niedersachsen und Bremen wahrnimmt. 

    Darf und soll dieser Mann wirklich Namenspate von Schulen, Straßen und Plätzen sein? Das fragen sich zurzeit Geschichtsinteressierte auch in Lüneburg, wo es im Stadtteil Kaltenmoor seit 1967 eine Hinrich-Wilhelm-Kopf-Straße mit rund 1000 Anwohnern gibt.

    Doktorarbeit als Auslöser

    Auslöser der jüngsten kritischen Beurteilung Kopfs war 2013 die Doktorarbeit der Göttinger Historikerin Dr. Teresa Nentwig. Der Titel ihrer Arbeit: „Hinrich Wilhelm Kopf. Ein konservativer Sozialdemokrat“ (Verlag Hahnsche Buchhandlung, 2013). 

    In der Zusammenfassung heißt es: „Zunächst war Kopf mit seiner eigenen Firma an der Verwaltung und dem Verkauf von Häusern jüdischer Eigentümer beteiligt. Während des Zweiten Weltkrieges war er dann ein effizienter, überaus engagierter Mitarbeiter einer nationalsozialistischen Behörde, der Haupttreuhandstelle Ost (HTO), die die wirtschaftliche ‚Germanisierung’ Polens verfolgte. Zusätzlich arbeitete Kopf für die Grundstücksgesellschaft der HTO, die GHTO. 

    Bis Ende 1942 löste er sich zwar aus den vertraglichen Bindungen zur HTO und zur GHTO, wohl aufgrund finanzieller Differenzen. Doch noch im Mai 1944 fungierte Kopf als ‚kommissarischer Verwalter des jüdischen Gemeindevermögens‘ in einem kleinen oberschlesischen Dorf. Diese Tätigkeiten werfen einen Schatten auf seine Biografie.“

    Diskussion und Entscheidung gegen Umbenennung

    Im Zuge der Diskussion um Hinrich Wilhelm Kopf und die nach ihm benannte Straße machte die Hansestadt Lüneburg Anwohnern und anderen Interessierten verschiedene Informations- und Diskussionsangebote. 2014 begrüßte der damalige Oberbürgermeister Ulrich Mädge die Autorin der Doktorarbeit, Dr. Teresa Nentwig, sowie weitere Historiker:innen und Fachleute zu einer Podiumsdiskussion im Glockenhaus. 

    Die politischen Gremien der Hansestadt entschieden letztlich gegen eine Umbenennung der Straße. Begrüßt wurde jedoch mehrheitlich die Idee, Zusatzschilder anzubringen, die das Wirken Hinrich Wilhelm Kopfs historisch einordnen. 

    Mit Kopfs Andenken „differenziert umgehen“

    Die Historische Kommission für Niedersachsen und Bremen empfahl im Zuge der Diskussion, mit Kopfs Andenken „differenziert umzugehen“ – also seinen Namen nicht zu tilgen, sondern zum Beispiel durch „eine ständig zugängliche Dokumentation zu Kopfs Tätigkeit, die Auseinandersetzung zu ermöglichen“. 

    Der Ältestenrat im Niedersächsischen Landtag sprach sich dagegen zur selben Zeit einhellig für eine Umbenennung des Hinrich-Wilhelm-Kopf-Platzes in Hannover aus. Seit 2015 heißt der Platz, an dem unter anderem das Niedersächsische Sozialministerium seinen Sitz hat, Hannah-Arendt-Platz.

    Info

    Hinrich Wilhelm Kopf im Juli 1948 bei der Ministerpräsidenten-Konferenz der Länder der 3 Westzonen Deutschlands auf dem Berghotel Rittersturz in Koblenz. Quelle: Bundesarchiv, B 145 Bild-F046120-0016 / Fotograf: Vollrath / Lizenz CC-BY-SA 3.0

    Hindenburgstraße am Kreideberg

    Paul von Hindenburg und Lüneburg

    Info

    Paul von Hindenburg war am 18. April 1922 zu Gast beim MTV in Lüneburg. 
    Fotoquelle: Stadtarchiv Lüneburg

    Biografie und Werdegang Hindenburgs 

    Paul von Hindenburg, Generalfeldmarschall und Politiker, lebte vom 2. Oktober 1847 bis 2. August 1934. Hindenburg wurde 1925 zum zweiten Reichspräsidenten der Weimarer Republik gewählt und 1932 wiedergewählt. 

    Hindenburg war 1870/71 Offizier im Deutsch-Französischen Krieg. Nach verschiedenen Stationen und einem Aufstieg in den militärischen Rängen wurde er 1900 Generalleutnant und zum Kommandeur der 28. Division in Karlsruhe ernannt. 

    Seinen politischen Aufstieg verdankte Hindenburg der Tatsache, dass im August 1914 unter seinem Kommando als Befehlshaber der achten Armee die Schlacht bei Tannenberg gewonnen werden konnte. Als „Sieger von Tannenberg“ wurde Hindenburg bald zum „Ersatzkaiser“ stilisiert.

    Den Hindenburg-Mythos hat Jesko von Hoegen in seiner Dissertation (Stuttgart 2005) im Einzelnen untersucht. Demnach verstanden viele Deutsche die Wahl Hindenburgs zum Reichspräsidenten 1925 als die „Rückkehr des Retters“. 

    Hindenburg galt auch Teilen der liberalen Presse als „Symbolfigur der Einheit“ Deutschlands, der als „ehrlicher Makler eine Brücke zwischen links und rechts, dem alten und dem neuen Deutschland zu schlagen“ vermocht hatte. (Quelle: Stadtarchiv Stuttgart).

    Ernennung Hitlers zum Reichskanzler

    Am 30. Januar 1933 ernannte Hindenburg Adolf Hitler zum Reichskanzler. Dies geschah in einer politischen Lage, die einer besten Kenner der Geschichte der Weimarer Republik, der Politologe und Historiker Karl Dietrich Bracher, so beschreibt und bewertet: 

    „Als in den Novemberwahlen von 1932 ein deutlicher Rückgang der nationalsozialistischen Wählerstimmen – von 37 auf 33 Prozent – mit den ersten Zeichen eines Abklingens der Wirtschaftskrise zusammentraf, schien der nationalsozialistische Griff nach der Macht erneut in kaum erreichbare Ferne gerückt. [...]

    In dieser Lage folgte der 85-jährige Reichspräsident Paul von Hindenburg den Ratschlägen seiner nächsten Umgebung, besonders des [...] Exkanzlers Franz von Papen, und berief Hitler zum Chef einer Koalitionsregierung der Nationalen Konzentration. Die Kalkulation war, dass die konservative Mehrheit im Kabinett – acht gegenüber drei Ministern der Nationalsozialisten – mit Hilfe Hindenburgs und seine Vizekanzlers Papen dergestalt die Dynamik der Hitlerbewegung zu zähmen und für ihre eigenen Ziele einer autoritären oder monarchistischen Reform des Staates einzuspannen vermöchte. Das war eine grandiose Fehlrechnung.“

    Straßenname in Lüneburg

    Hindenburg-Gartenstraße

    Die Gartenstraße war ab 1884 statt der Bezeichnung „Vor dem Bardowiker Tore“ der Name für den Weg nach Westädts Garten. Belege für die verschiedenen Gärten in diesem Bereich finden sich seit dem 15. Jahrhundert. Seit 1894 gehörte auch eine westliche Verlängerung dazu, die so genannte Dritte Straße, die im Volksmund „Langer Jammer“ bezeichnet wurde.

    Hindenburgstraße

    Am 8. April 1933 wurde die Gartenstraße durch Magistratsbeschluss zur Hindenburgstraße umbenannt. Auf alliierte Weisung am 3. April 1947 wieder zur Gartenstraße unbenannt, seit dem 10. Dezember 1952 wieder Hindenburgstraße.

    Hindenburgs Bezüge zu Lüneburg und Niedersachsen

    Hindenburgs Tochter Annemarie war seit 1912 mit einem Rittmeister Christian von Pentz verheiratet. Dieser versah für die Reichswehr seinen Dienst in der Lüner Kaserne.

    Die Familie wohnte im Lüner Weg 2 in Lüne (heute Kloster Lüne). Der Ort Lüne gehörte damals zwar zum Landkreis und nicht zum Stadtbezirk Lüneburg. Aber aufgrund der unmittelbaren Nähe und der seiner Zeit überragenden Bedeutung Hindenburgs tat das der Begeisterung der konservativen und bürgerlichen Kreise Lüneburgs keinen Abbruch. 

    Nach dem Ersten Weltkrieg war Paul von Hindenburg mehrfach, meist zu familiären Anlässen, in Lüneburg. Die Familie von Pentz zog spätestens mit der Pensionierung Christian von Pentz' im Jahre 1931 nach Medingen (Kreis Uelzen) um.

    Nachdem Paul von Hindenburg 1911 als Kommandeur des IV. Armeekorps in Magdeburg regulär pensioniert worden war, zog er nach Hannover.

    Nach 1945 kam ein „Hindenburg-Treck“ mit zahlreichen Familienmitgliedern nach Medingen.

    Literaturhinweise

    Karl Dietrich Bracher: Die Krise Europas seit 1917, Frankfurt a. M./Berlin, 1993 (=Propyläen Geschichte Europas, Bd. 6), Seite 128.
     

    Hans-Ulrich Thamer: Straßennamen in der öffentlichen Diskussion: Der Fall Hindenburg, in: Matthias Frese (Hrsg.): Fragwürdige Ehrungen!? Straßennamen als Instrument von Geschichtspolitik und Erinnerungskultur, Münster 2012, Seite 251ff.

    Straßennamen im Zusammenhang mit dem 20. Juli 1944

    in Lüneburg

    Am 20. Juli 1944 scheiterte das letzte bekannte Attentat auf Adolf Hitler, bei dem dieser nur leicht verletzt wurde. Die Bombe wurde von Oberst Graf Schenk von Stauffenberg im Hauptquartier bei Rastenburg (heute Kętrzyn, Polen) platziert. 

    Nach 1945 wurde der deutsche Widerstand gegen Hitler und sein Regime zunächst kaum öffentlich gewürdigt. Die Offiziere des 20. Juli galten lange als Verräter. Angehörige und Überlebende erhielten nur schwer Entschädigungen und Respekt. Unterschiedliche Widerstandsformen wurden politisch gegeneinander ausgespielt und die deutsche Teilung verschärfte dies: Die DDR hob den kommunistischen Widerstand hervor, während Westdeutschland ihn kaum anerkannte. 

    Ab 1960 änderte sich dies, vor allem bezüglich der Gruppe um Stauffenberg. Ihre Leistungen wurden zunehmend anerkannt und der 20. Juli 1944 wurde zu einem zentralen Element der deutschen Erinnerungskultur.

    Auch die Hansestadt Lüneburg gedenkt der Menschen, die wegen ihrer politischen und moralischen Haltung sowie ihres Widerstandes gegen das NS-Regime ermordet wurden. 1967 beschloss der Lüneburger Stadtrat, einige Straßen im Neubaugebiet Kaltenmoor nach Widerstandskämpfern zu benennen, die vom NS-Regime ermordet wurden. Einige gehörten der Gruppe des 20. Juli an. Andere, wie Kurt Huber (Weiße Rose), Lilo Gloeden und Maria Terwiel, wurden auch ohne direkte Beteiligung an dem Attentat geehrt. Auch dem Lüneburger Widerstandskämpfer Hermann Niemann wurde mit einer Straßenbenennung Ehre zuteil. 

    Mehr Informationen zu den Personen hinter den Straßennamen finden sich in der folgenden Liste: